"berner zeitung" 26. 7. 05
die musikgeschichte beginnt
nicht erst mit der klassik von haydn, mozart und beethoven.
und auch das vorangegangene barock
war nicht ein anfang aus dem nichts:
dies belegt das ensemble glarean mit seiner ersten cd mit
schweizer renaissancemusik. namensgeber war heinrich loriti aus
mollis im glarus, der anno 1547unter dem pseudonym glarean ein
lehrbuch der zwölf tonarten
publiziert
hat - mit werken von verschiedenen
kollegen. das neunköpfige vokalensemble und der organist gregor
ehrsam spielen daraus motetten und
orgelwerke, darunter auch
solche vom berner münsterkantor
johannes wannenmacher, genannt
joannis vannius. und sie eröffnen uns damit eine
neue, wenn auch alte musikwelt.
"neue zürcher zeitung" 3. 11. 05
heinrich glareans
"dodekachordon" die lehre von den zwölf tonarten,
steht am
schnittpunkt von alt und neu, von mittelalterlicher kirchenmusik
und modernern
tonalem denken. das 1547 beim basler verleger petri
gedruckte werk
enthält neben musiktheoretischen darlegungen eine ganze
reihe musikalischer
exemplifizierungen, die glarean den zeitgenössischen
meistern, josquin,
mouton oder ockeghem, entlehnte, aber auch auftragswerke,
die der in freiburg
i.br. lehrende humanist an befreundete musiker vergab.
unter ihnen
orgelstücke des solothurner stiftorganisten gregorius meyer und
messsätze des als
ketzter aus freiburg vertriebenen interlakner landschreibers
johannes
wannenmacher. das solothurner vokalensemble glarean und
der organist gregor
ehrsam nehmen sich des repertoires mit stilistischem
feingefühl
und ausgeprägtem sinn für die kunstvoll verwobene linearität
der werke an. als
reizvolle ergänzung erweisen sich die dazwischen gestreuten
intavolierungen
liturgischer und geistlicher vokalkompositionen der grossen
frankflämischen
meister, die der st. galler stiftsorganist fridolin sicher einige
jahrzehnte früher
bereits in einem kompendium zusammengetragen hatte.
"sonntag" 15. 12. 05
wer kennt die musik
von gregorius meyer, johannes wannenmacher oder
fridolin sicher? dass diese
schweizer renaissancekomponisten nicht ganz
vergessen gingen,
verdanken wir dem glarner humanisten und musiktheoretiker
heinrich loriti (1488-1563), genannt "glareanus". in seinem "dodekachordon"
- seiner lehre von
den 12 tönen - ordnete er jedem ton ein vokalbeispiel zu,
wobei er auch die
erwähnten schweizer kirchenmusiker berücksichtigte.
das "ensemble
glarean" hat sich den schweizer beispielen aus dem dodekachordon
angenommen - und
die aufnahme beeindruckt sowohl durch die ausgewählte musik
als auch mit der
qualität ihrer ausführung.
"american record guide" april 06
the singing and
playing here is quite good - confident and well polished.
the suiss
composerrs are skilled workmen; and, of course, the brilliance of
renowned composers
such as jacob obrecht and paul hofhaimer shines
through in sicher`s intabulazions of their motets.
"musik an sich" april 06
mozart-effekt hin
oder her: über den bildungswert der musik wird nach wie vor
gestritten.
was musikumterricht an schulen angeht, sieht es gegenwärtig recht
bescheiden aus. im
16. jahrhundert ausser frage, dass musik zum humanistischen
bildungskanon
gehört. ein eindrucksvolles zeugnis für das gleichermassen
wissenschaftliche
wie politische verständnis der musik ist das vom schweizer
humanisten henricius loriti glareanus 1547 herausgegebene dodekachordon,
ein
theoretisch-praktischer musitraktat. zur illustration der von glarean
dargestellten
zwölf tonarten
sind zahlreiche musterbeispiele unterschiedlicher komponisten
versammelt:
wahrlich ein musterbuch der tonartenbehandlung und satzkunst.
neben bekannten
und brühmten namen finden sich auch eidgenössische
(bzw. in der
schweiz tätige) ansonsten kaum bekannte komponisten:
fridolin sicher,
gregorius meyer, johannes wannenmacher.
ihnen widmet das
ensemble glarean seine aufnahme. die meist kurzen, eigens für
das dodekachordon
komponierten studienwerke (meist motetten und messsätze)
nehmen durch den
geschliffenen wohllaut der reifen, wenngleich wenig
kontrastreichen
renaissance-mehrstimmigkeit für sich ein. die drei komponisten
beherschen ihr
metier, zeichnen sich aber nicht durch sonderliche originalität
oder experimnete
aus. das handwerkliche steht im vordergrund. man sollte daher
einzelne stücke
auswählem und die sammlung nicht auf einmal hören. im wechsel
mit einiger
ebenfalls im dodekachordon veröffentlichten orgelstücke der selben
tonsetzter
präsentiert der kleine, aber sehr versierte chor die musik mit schlankem,
schöntimbrierten,
gewissrmassen "objektivem" ton, der zu den ausgewählten werken
allerdings gut
passt.
"musik + gottesdienst" mai 06
Zu hören ist nun
auf dieser rundum gelungenen aufnahme musik jener
komponisten, welche von
glarean zu musterkompositionen für sein hauptwerk
"dodekachordon"
angeregt wurden, ergänzt durch orgelmusik aus der tabulatur des
zeitgenossen fridolin sicher. allen interpreten hört man grosse vertrautheit
mit der
historischen
aufführungspraxisan, es wird gelöst und subtil ausdrucksvoll musiziert.
dass eine
gewisse distanziertheit als gesamteindruck übrig bleibt ist in erster linie
der musik selber
zuzuschreiben, also vollkommen adäquat. wir sind halt doch noch
nicht in italen
und auch nicht in der zeit der klangrede! dass aber nie etwa langeweile
aufkommt, ist
indes auch der fantastischen aufnahmetechnik zuzuschreiben, die in
ihrer unerhörten
direktheit alle nuancen wiedergibt, und dies ohne jede schärfe.
wunderschön zur
geltung kommen raum und orgel der klosterkirche st. urban.
"revue musicale de suisse romande 59/3" septembre 06
autre
humanistes,
autre ami dèrasme, mais glaronnais celui-ci, d`où le surnom
qu`il s`est donné:
glarean, en réalité heinrich loriti. il est surtout connu par son
"dodekachordon"
l`un des plus importants traités du XVIe siècle - sur les modes -
qui contient, pour illustrer la théorie, une substantielle annexe de l`ensemble
glarean
en ont extrait des
morceaux composés par gregorius meyer, organiste à soleure
et bâle, et
johannes wannenmacher, cantor à berne puis saint-nicolas de fribourg.
en intermède,
quelques transcriptions ornementées d`oeuvres vocales, pour orgue,
empruntées à la
tablature de fridolin sicher, organiste au couvent de saint-gall.
Toutes ces
musiques sont fort belles, mais les chanteurs se content d`en réaliser
d`honnètes et
correctes lectures. l`organiste quant à lui, s`il fait montre d`un
assez bon style,
pâtit d`une prise de son lointaine. notice succinte.
"musik & liturgie" 3/07
Als henricus loriti
glareanus (1488-1563) sein "dodekachordon" als grosses
musiktheoretisches
werk verfasste, fügte er mehrere vollständige musiksätze als
beispiele an. da
er indes nicht immer die ganz passenden exempel fand,
wandte er sich an
ihm bekannte musiker und gab ihnen entsprechende
kompositionsaufträge.
so kommt es, dass sich auf dieser cd unter anderem
mehrere stücke aus der feder des solothurners gregorius meyer, des st. galler
stiftsorganisten
fridolin sicher sowie des gebürtigen deutschen berner münster
kantors johannes
wannenmacher finden. das ensemble glarean unter der leitung
von patrick
oetterli und gregor ehrsam an der orgel bespielen ihre cd mit motetten
und orgelwerken
dieser drei komponisten. entstanden ist so ein interessantes dokument
von hohem
editorischen wert. während 65 minuten taucht der zuhörer in eine zeit
ein, die
(scheinbar) sehr weit zurück liegt...